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Bundesregierung weist EU-Vorwürfe zurück – Umsatzsteuerpauschalierung auf dem Prüfstand

Stand:
Thematik: Steuern und Rechnungswesen

Etwa zwei Drittel der deutschen Landwirte wenden aktuell die Umsatzsteuerpauschalierung an. Diese Vereinfachungsregelung ist der EU-Kommission derzeit ein Dorn im Auge, und so wurde die Bundesregierung offiziell aufgefordert, zu einem Vertragsverletzungsverfahren Stellung zu nehmen. Dem ist die Bundesregierung im Mai dieses Jahres nachgekommen.

Über die kritische Haltung der EU-Kommission gegenüber der Umsatzsteuerpauschalierung hatte Land & Wirtschaft in Ausgabe 1/2018 berichtet. Die Bundesregierung sieht die Umsatzsteuerpauschalierung jedoch als EU-rechtskonform an und plant aus diesem Grund derzeit auch keine Gesetzesänderung.

Im Mai 2018 hat die Bundesregierung zu den Vorwürfen der EU-Kommission umfangreich Stellung genommen: Nach Auffassung der Bundesregierung stellt die Umsatzsteuerpauschalierung eine europarechtlich zulässige Typisierungs- und Vereinfachungsregelung dar, die unter bestimmten Voraussetzungen in der Land- und Forstwirtschaft Anwendung findet. Das entscheidende steuerliche Kriterium, nach dem Betriebe in Deutschland für steuerliche Zwecke als landwirtschaftlich eingestuft werden und damit von der Umsatzsteuerpauschalregelung Gebrauch machen können, sei die notwendige Flächenbindung der landwirtschaftlichen Produktion. Hiernach kann die Nutztierhaltung nur dann als landwirtschaftlich angesehen werden, wenn die gesetzlich festgelegte Anzahl von Vieheinheiten je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche nicht überschritten wird. Darüber hinaus trage die Pauschalregelung den Besonderheiten der landwirtschaftlichen Produktion in Deutschland Rechnung.

Die bestehende Umsatzsteuerpauschalierung sei zudem eine wesentliche Maßnahme zur Verwaltungsvereinfachung. Der Vorwurf einer Überkompensation des pauschalen Vorsteuerabzugs trifft nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu. Die Vorsteuerbelastung der Pauschallandwirte betrug nämlich nach den Berechnungen der Bundesregierung im jüngsten Dreijahresdurchschnitt von 2014 bis 2016 12,5 Prozent. Sie lag damit deutlich über dem seit 2007 geltenden Pauschalsteuersatz von 10,7 Prozent. Gleiches gilt nach Auffassung der Bundesregierung für die Vorjahre. Dementsprechend gleiche Deutschland die Vorsteuerbelastung des Sektors Landwirtschaft derzeit also nicht vollständig aus. Auch übersehe die EU-Kommission, dass eine Einschränkung der Pauschalregelung zugunsten der Regelbesteuerung erhebliche strukturelle Auswirkungen auf die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland hätte.

Es bleibt abzuwarten, wie die EU-Kommission auf die Mitteilung der Bundesregierung reagiert. Sofern weiterhin von einer Vertragsverletzung ausgegangen wird, könnte die EU-Kommission im nächsten Schritt Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland erheben. Land & Wirtschaft wird über die Rechtsentwicklung weiter berichten.

 

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