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Bundesverfassungsgericht entscheidet: Bemessungsgrundlage oftmals verfassungswidrig – Zweitwohnungssteuer

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Städte und Gemeinden können in ihrer Satzung eine Zweitwohnungssteuer für das Innehaben einer zweiten Wohnung in der Gemeinde oder im Stadtgebiet festlegen. Deren Berechnung stützen viele Gemeinden auf veraltete Wertansätze aus den 1960er Jahren. Das Bundesverfassungsgericht hat solch veraltete Bemessungsgrundlagen jüngst für verfassungswidrig erklärt.

Da es sich bei der Zweitwohnungssteuer um eine kommunale Aufwandsteuer handelt, können die Gemeinden in eigener Zuständigkeit über Erhebung und Höhe entscheiden. Als Bemessungsgrundlage wird häufig auf den Mietwert der Wohnung und damit auf die Jahresrohmiete zurückgegriffen. Der Mietwert errechnet sich aus der vom Finanzamt auf den 1. Januar 1964 festgestellten Jahresrohmiete, die mithilfe von Preisindizes für die Lebenshaltung auf das aktuelle Jahr hochgerechnet wird. Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2019 auf die Beschwerde zweier Bürger aus bayerischen Gemeinden hin entschieden, dass eine solche Bemessungsgrundlage der Zweitwohnungssteuer gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt. Eine Anknüpfung an die 1964 festgestellte Jahresrohmiete führt nach Ansicht der Verfassungsrichter zu Werteverzerrungen und damit zu gravierenden Ungleichbehandlungen bei der Feststellung der Mietwerte. Auch die Hochrechnung der Jahresrohmiete anhand der Preisindizes für Lebenshaltung gleiche die Werteverzerrungen nicht aus, da unterschiedliche Entwicklungen im Wert der Wohnungen innerhalb eines Gemeindegebietes nicht berücksichtigt würden. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gemeinden für die Neuregelung der Satzung eine Frist bis zum 31. März 2020 eingeräumt.

Die betroffenen Gemeinden dürfen nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus November 2019 auf Grundlage der derzeitigen rechtswidrigen Satzungsregelungen keine Zweitwohnungssteuer mehr erheben. Vielmehr sind sie verpflichtet, angefochtene Steuerbescheide aufzuheben. Allerdings sind die Gemeinden berechtigt, eine ungültige Satzung auch rückwirkend durch eine neue zu ersetzen und auf dieser Grundlage Zweitwohnungssteuer auch für einen zurückliegenden Zeitraum zu erheben.

 

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