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Erste Jahresabschlüsse 2015/16 statistisch ausgewertet – Milchviehbetriebe weiter unter Druck

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Thematik: Steuern und Rechnungswesen Betriebswirtschaft

Die Preis- und Absatzflaute in der Landwirtschaft hält an. Ob Getreide, Fleisch oder Milch erzeugt wird – kaum ein Betriebszweig verspricht derzeit wirtschaftlichen Erfolg. Besonders schwer lastet der wirtschaftliche Druck seit geraumer Zeit auf den Milchviehbetrieben. Dies spiegeln auch die aktuellen Betriebsergebnisse für das Wirtschaftsjahr 2015/16 wider.

Die Buchführungsergebnisse der ersten ausgewerteten Milchviehbetriebe bestätigen die pessimistischen Erwartungen. Gegenüber dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr sank der Milchpreis laut der ersten 462 ausgewerteten Jahresabschlüsse im Durchschnitt um knapp sieben Cent pro Liter. Im Mittel zahlten die Molkereien den Betrieben im Wirtschaftsjahr 2015/16 einschließlich Zuschlägen und 10,7 Prozent Umsatzsteuer keine 30 Cent für den Liter aus. Mit den sinkenden Milchpreisen gingen auch die Preise für Kälber und Zuchtrinder deutlich zurück. Die gesamten Betriebserträge reduzierten sich im Durchschnitt noch einmal um 15 Prozent gegenüber dem letzten Wirtschaftsjahr auf circa 3.420 Euro pro Hektar.

Die Betriebsleiter versuchten, die sinkenden Erträge durch Einsparungsmaßnahmen, insbesondere bei der Außenwirtschaft, auszugleichen. Fallende Düngerpreise und reduzierte Einsatzmengen verminderten den Düngeraufwand um durchschnittlich 25 Prozent. Weitere Einsparungen konnten durch verminderte Aufwendungen für Lohnunternehmen und durch das Zurückstellen von nicht notwendigen Reparaturen realisiert werden. Die verstärkte Ausgabendisziplin konnte das weitere Absinken der Gewinne aber nicht verhindern. Gegenüber dem Vorjahr halbierte sich der Gewinn nochmals und lag im Wirtschaftsjahr 2015/16 im Durchschnitt bei mageren 145 Euro pro Hektar. Besonderes Augenmerk verdienen die großen Erfolgsunterschiede zwischen den Betrieben. In der Gruppe der 25 Prozent abfallenden Betriebe erhöht sich der wirtschaftliche Druck mit Verlusten von circa 335 Euro pro Hektar, während die Gruppe der 25 Prozent erfolgreicheren Betriebe im Durchschnitt Gewinne von knapp 670 Euro pro Hektar erwirtschaften konnten. Der wirtschaftliche Vorsprung resultiert sowohl aus höheren Erträgen als auch aus stärkeren Einsparungen bei den Direktkosten sowie niedrigeren Aufwendungen für Pachten und Zinsen.

Selbst in den wirtschaftlich stärkeren Betrieben verminderte sich im aktuell abgeschlossenen Wirtschaftsjahr das bereinigte Eigenkapital um durchschnittlich 40 Euro pro Hektar. Das heißt, die Gewinne reichten nicht aus, um die – ebenfalls deutlich gesunkenen – Entnahmen für die private Lebenshaltung zu decken. Im Gesamtmittel erlitten die Milchviehbetriebe im Wirtschaftsjahr 2015/16 Eigenkapitalverluste in Höhe von 350 Euro pro Hektar. Viele Unternehmer griffen in dieser Situation auf privates Vermögen zurück und führten dem Betrieb außerbetriebliche Finanzmittel zu, um die notwendige Liquidität aufrechtzuerhalten.

Auch im laufenden Wirtschaftsjahr 2016/17 wird sich die wirtschaftliche Situation der Milchviehbetriebe voraussichtlich nicht grundlegend verbessern. Nach ersten Vorausschätzungen werden die Gewinne in etwa dasselbe Niveau wie im kürzlich abgelaufenen Wirtschaftsjahr erreichen, sodass trotz weiterhin sinkender Entnahmen mit weiteren Eigenkapitalverlusten zu rechnen ist. Maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der wirtschaftlichen Situation der Milchviehbetriebe hat natürlich die weitere Milchpreisentwicklung. In der Vorausschätzung ist aufgrund der aktuellen Preistendenzen sowohl für Butter als auch Magermilchpulver ein im Vergleich zum Vorjahr um ein Cent niedrigerer Milchpreis pro Kilogramm für den Durchschnitt des Wirtschaftsjahres kalkuliert worden. Über die weitere Milchpreisentwicklung und das nachhaltige Preisniveau kann derzeit nur spekuliert werden. Was aktuell jedoch bereits feststeht, sind die unbefriedigenden Ergebnisse der Ernte 2016. Diese könnten dazu führen, dass neben den Milchviehhaltern auch die Ackerbau- und Veredlungsbetriebe wirtschaftlich in Bedrängnis geraten.

Patentrezepte zur Bewältigung der anhaltenden Ertragskrise gibt es nicht. Robuste Gemüter empfehlen Stammtischparolen wie „Augen zu und durch …“. Dies wird sich im Nachhinein oftmals auch als richtig erweisen – aber voraussichtlich leider nicht in allen Fällen. Gerade in kritischen Phasen ist jeder Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Fakten separat zu beurteilen. Auf einigen Höfen wird dabei auch die Frage der Betriebsumstellung, -einstellung oder auch einer Betriebsaufgabe im Raum stehen. Gerade das ergebnisoffene und vorbehaltlose Betrachten aller wirtschaftlichen Aspekte, das sorgfältige Abwägen aller Chancen und Risiken des Weiterwirtschaftens, das ehrliche Ausloten der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Unternehmens, des persönlichen unternehmerischen Könnens und Selbstvertrauens stehen dabei im Vordergrund.

Die Steuerfachleute und Sachverständigen im Landwirtschaftlichen Buchführungsverband sowie kompetente Berater aus anderen Organisationen sind in dieser Situation besonders gefordert, zusammen mit den Kreditinstituten nach individuellen, tragfähigen Lösungen zu suchen.