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Gesellschaftsverträge auf dem Prüfstand – Tierhaltungskooperationen

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Thematik: Einzelartikel der Journale

Die Tierzucht und Tierhaltung ist steuerlich nur dann der Landwirtschaft zuzurechnen, wenn der Betrieb über ausreichende landwirtschaftlich genutzte Flächen verfügt. Die erzeugten beziehungsweise gehaltenen Tiere sind nach einem am Futterbedarf der Tiere ausgerichteten Schlüssel in sogenannte Vieheinheiten (VE) umzurechnen und dürfen die von der Größe der Nutzfläche abhängigen, degressiv ausgestalteten Grenzen nicht übersteigen.

Landwirtschaftliche Betriebe mit einer zu geringen Flächenausstattung können nach einer speziellen steuerlichen Regelung die Möglichkeit nutzen, sich mit vieharmen oder viehlosen Betrieben zusammenzuschließen und die Tierhaltung in einer sogenannten Tierhaltungskooperation, meist in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG), zu betreiben. Dabei übernimmt der viehhaltende Landwirt regelmäßig die Komplementärstellung und die Geschäftsführung der Kooperation. Die viehlosen oder vieharmen Landwirte stellen der Kooperation lediglich eine festgelegte Anzahl an VE zur Verfügung und erhalten als Gegenleistung eine Gewinnbeteiligung sowie gegebenenfalls eine von der Anzahl der VE abhängigen Vorabvergütung.

In einem mit aktuellem Urteil aus Februar 2019 vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fall waren zwei Kommanditisten mit jeweils einem Prozent an der KG beteiligt und stellten der KG insgesamt 1.032 VE zur Verfügung. Die übrigen Gesellschaftsanteile hatte der Komplementär inne, der der KG zudem 200 VE übertrug. Der Gesellschaftsvertrag der KG sah für alle Gesellschafter ein gleichberechtigtes Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung vor. Gesellschafterbeschlüsse waren grundsätzlich mit einfacher Mehrheit zu treffen, für bestimmte Beschlussfassungen war eine dreiviertel Mehrheit vorgesehen. Über Widersprüche der Kommanditisten hatte auf Antrag des Komplementärs die Gesellschafterversammlung zu entscheiden.

Das Finanzamt und das Finanzgericht Niedersachsen hielten diese Vereinbarungen für so unüblich, dass sie die Kooperation und auch die Anwendung der Umsatzsteuerpauschalierung nicht anerkannten. Eine Personengesellschaft könne steuerlich nur anerkannt werden, wenn alle Gesellschafter Unternehmerrisiko tragen und Unternehmerinitiative entfalten können. Aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen seien die Kommanditisten nicht in der Lage, den Komplementär in der Gesellschafterversammlung an einer seine Interessen wahrenden Beschlussfassung zu hindern. Damit würden sowohl Stimmrecht als auch Widerspruchsrecht ins Leere laufen.

Der BFH sah die den Kommanditisten eingeräumten Initiativrechte als ausreichend an und hob das finanzgerichtliche Urteil auf. Bei einer Tierhaltungskooperation ist zu berücksichtigen, so der BFH, dass die Kommanditisten nicht nur kapitalmäßig an der KG beteiligt sind, sondern ihr auch freie VE übertragen haben. Da der Gesellschaftszweck der Kooperation von den überlassenen VE abhängt, ist bei der Beurteilung der Mitunternehmerstellung nicht nur auf die rechtlichen, sondern auch auf die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten abzustellen. Nach Ansicht der Richter können die Kommanditisten im Urteilsfall, da sie der KG die Mehrzahl der VE zur Verfügung gestellt haben, die Geschicke der Gesellschaft zu einem wesentlichen Teil mitbestimmen und so hinreichend Mitunternehmerinitiative entfalten.

 

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