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Pauschalierung auf dem Prüfstand – EU-Kommission fordert Änderung der landwirtschaftlichen Umsatzsteuerpauschalisierung

Stand:
Thematik: Steuern und Rechnungswesen

Etwa zwei Drittel der deutschen Landwirte wenden die sogenannte Umsatzsteuerpauschalierung an. Diese Sonderregelung erlaubt ihnen, für den Verkauf von eigenen Erzeugnissen oder erbrachte Dienstleistungen Rechnungen mit einem pauschalen Steuersatz von aktuell 10,7 Prozent ausstellen. Diese pauschale Umsatzsteuer dürfen Landwirte im Gegensatz zu anderen Unternehmern behalten. Der zusätzliche Erlös dient dazu, pauschal die Belastung durch die Umsatzsteuer auszugleichen, die andere Unternehmer den Landwirten als sogenannte Vorsteuer berechnen. Dieses Vorgehen führt zu einer erheblichen Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens, da auf laufende Umsatzsteuervoranmeldungen verzichtet werden kann. Die generelle Anwendbarkeit dieser Sonderregel für alle Landwirte ist der EU-Kommission jedoch ein Dorn im Auge.

Ausgelöst wurde die Überprüfung der EU-Kommission durch eine Beschwerde von Schweinefleischproduzenten aus anderen EU-Mitgliedsstaaten. Diese kritisieren, dass die Pauschalregelung in Deutschland auch Landwirte in Anspruch nehmen, die problemlos die normale Umsatzsteuerregelung anwenden könnten. Nach der für die gesamte EU geltenden Mehrwertsteuersystemrichtlinie dürfen die Mitgliedstaaten eine Pauschalierung vom Grundsatz her aber nur für landwirtschaftliche Erzeuger zulassen, bei denen die Anwendung der allgemeinen Umsatzsteuerregelungen zu Schwierigkeiten führen würde. Ferner wird beanstandet, dass der in Deutschland geltende pauschale Umsatzsteuersatz von 10,7 Prozent zu hoch bemessen sei, sodass es zu einer Überkompensation des fehlenden Vorsteuerabzugs kommen würde. Deutsche Schweinefleischerzeuger hätten dadurch alleine zwischen 2008 und 2012 durchschnittlich 50 Millionen Euro pro Jahr an zusätzlichen Erlösen kassiert. Dies wird als Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EU gesehen.

Die EU-Kommission behält sich vor, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union einzuleiten, wenn sie innerhalb der nächsten zwei Monate keine überzeugende Stellungnahme erhält. Die Bundesregierung ist nun gefordert, der EU-Kommission darzulegen, dass es sich bei der Umsatzsteuerpauschalierung nicht um eine Subvention, sondern um eine Vorschrift zur Steuervereinfachung handelt, die eine Fülle von Unternehmen von bürokratischen Pflichten befreit. Des Weiteren hat die Bundesregierung zu belegen, dass der aktuelle Steuersatz für die Pauschalierung nicht zu hoch bemessen wurde. Die EU führt an, dass die durchschnittliche Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe mit Vorsteuer lediglich bei 9,3 Prozent der Umsätze liegen würde und stützt sich dabei auf Zahlen des Bundesrechnungshofes. Dieser hatte bereits in 2015 den Rechenweg der Bundesregierung kritisiert und ungerechtfertigte Steuervorteile für Landwirte in Höhe von mehr als 200 Millionen Euro angeprangert. Nach aktuellen Kalkulationen der Bundesregierung müsste der pauschale Steuersatz hingegen 11,6 Prozent betragen, um die durchschnittliche Vorsteuerbelastung der landwirtschaftlichen Betriebe vollständig zu kompensieren.

Unsere Meinung

Die Umsatzsteuerpauschalierung hat sich als sehr sinnvolle Steuervereinfachung über viele Jahrzehnte außerordentlich bewährt. Der Landwirtschaftliche Buchführungsverband wird die Bundesregierung in ihrem Bestreben, die pauschale Umsatzbesteuerung für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe zu erhalten, daher nach Kräften unterstützen.