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Serie: Umsatzsteuer bei grenzüberschreitenden Geschäften – Teil 3: Dienstleistungen innerhalb der EU

Stand:
Thematik: Steuern und Rechnungswesen

Was ist zu beachten, wenn ein Tierarzt aus Dänemark oder ein Landmaschinenmechaniker aus Polen in den Betrieb kommt? Nachdem in den ersten beiden Teilen in den Ausgaben 4/2016 und 2/2017 die umsatzsteuerlichen Besonderheiten bei Warenein- und -verkäufen über Landesgrenzen genauer beleuchtet wurden, befasst sich der dritte Teil mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Dienstleistungen, die innerhalb der EU-Grenzen erbracht werden.

 

Dienstleistungen in Deutschland durch Unternehmer aus anderen EU-Staaten

Führen Dienstleister aus anderen EU-Ländern Arbeiten in Deutschland aus, hängt die Frage der Umsatzbesteuerung von der Art des Auftraggebers ab. Bei Leistungen für Nicht-Unternehmer oder Privatpersonen wird die Umsatzsteuer in der Regel im Land des beauftragten Unternehmers fällig. Erteilt hingegen ein deutscher Landwirt, also ein Unternehmer, den Auftrag an den ausländischen Dienstleister, muss die Umsatzsteuer grundsätzlich in Deutschland entrichtet werden. Beauftragt der deutsche Landwirt beispielsweise einen dänischen Tierarzt, werden für dessen Tätigkeit 19 Prozent Umsatzsteuer in Deutschland fällig. Dasselbe gilt, wenn ein polnischer Landmaschinenmechaniker die Maschinen eines deutschen Landwirts wartet. Besteuert werden muss die Dienstleistung in Deutschland unabhängig davon, ob diese in Deutschland oder Polen ausgeführt werden.

Eine Ausnahme gilt für Lohnarbeiten, die auf dem Feld ausgeführt werden. Bei Bestellungs- und Erntearbeiten ist normalerweise entscheidend, in welchem Land das entsprechende Grundstück liegt. Beauftragt ein deutscher Landwirt zum Beispiel einen dänischen Lohnunternehmer mit dem Maishäckseln auf einem Feld im Inland, ist auf diese Leistung 19 Prozent Umsatzsteuer in Deutschland zu zahlen. Liegt das Maisfeld hingegen in Dänemark, wird die dänische Umsatzsteuer in Höhe von 25 Prozent fällig.

Eine weitere Besonderheit bei Dienstleistern aus anderen EU-Staaten betrifft den Ablauf des Besteuerungsverfahrens, bei dem das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung kommt. Normalerweise stellt der leistende Unternehmer in Deutschland eine Bruttorechnung mit Umsatzsteuerausweis und muss die Steuer an das deutsche Finanzamt abführen. Kommt der Dienstleister hingegen aus dem EU-Ausland und ist Umsatzsteuer in Deutschland fällig, muss der ausländische Unternehmer eine Nettorechnung ohne Umsatzsteuer ausstellen. Die richtige Versteuerung ist dann Sache des deutschen Landwirts, der die Leistung empfängt: Gegenüber dem ausländischen Dienstleister muss er sich durch seine Umsatzsteueridentifikationsnummer als Unternehmer legitimieren. Und zusätzlich zur Zahlung der Umsatzsteuer ist er auch verpflichtet, seinem Finanzamt eine zusammenfassende Meldung über die mit Ausländern getätigten Umsätze einzureichen.

Diese Regelungen gelten unabhängig davon, ob der deutsche Landwirt die Umsatzsteuer pauschaliert oder auf Regelbesteuerung optiert hat. Wie gewohnt kann sich der Optierer die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt erstatten lassen. Der Pauschalierer bekommt hingegen keine Rückzahlung vom Finanzamt. Das umsatzsteuerliche Ergebnis ist damit genauso, als wäre ein deutscher Dienstleister mit dem Auftrag betraut worden.

Beispiel: Ein deutscher Landwirt beauftragt einen dänischen Lohnunternehmer mit der Maisernte im nördlichen Schleswig-Holstein und teilt ihm seine deutsche Umsatzsteueridentifikationsnummer mit. Der dänische Lohnunternehmer stellt für die Dienstleistung eine Nettorechnung über 1.000 Euro aus.

Ist der deutsche Landwirt ein Optierer, meldet er in der Umsatzsteuervoranmeldung 19 Prozent Umsatzsteuer in Höhe von 190 Euro an und macht gleichzeitig 190 Euro Vorsteuerabzug geltend, sodass keine Zahllast entsteht.

Ist der deutsche Landwirt ein Pauschalierer, muss er nicht nur 1.000 Euro an den dänischen Lohnunternehmer zahlen, sondern nun auch 190 Euro an sein deutsches Finanzamt abführen.

 

Dienstleistungen durch deutsche Landwirte in anderen EU-Staaten

Erbringt ein deutscher Landwirt Dienstleistungen in einem anderen EU-Land, ist es im Gegensatz zum Einkauf von Dienstleistungen von Bedeutung, ob der Landwirt Pauschalierer oder Optierer ist. Werden die Dienstleistungen für Privatpersonen ausgeführt, sind diese Umsätze üblicherweise in Deutschland zu versteuern. Für einen regelbesteuernden Unternehmer bedeutet dies, dass er eine Rechnung inklusive 19 Prozent für Dienstleistungen an Nicht-Landwirte ausstellt und die Umsatzsteuer an sein deutsches Finanzamt abführt. Auch Pauschalierer haben in diesen Fällen 19 Prozent in den Rechnungen auszuweisen, da die Pauschalierung mit 10,7 Prozent für Dienstleistungen an Nicht-Landwirte keine Anwendung findet. Pauschalierern steht jedoch auch ein anteiliger Vorsteuerabzug für diese Umsätze zu.

Werden deutsche Landwirte für Berufskollegen mit Umsatzsteueridentifikationsnummer in einem anderen EU-Land tätig, müssen regelbesteuernde Unternehmer im Reverse-Charge-Verfahren Nettorechnungen ohne Umsatzsteuer ausstellen und sie mit dem Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ versehen. Erbringen pauschalierende Landwirte aus Deutschland Dienstleistungen an andere Landwirt in der EU, fallen diese nach Ansicht der deutschen Finanzverwaltung in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuerpauschalierung. Die deutschen Landwirte stellen in diesen Fällen Bruttorechnungen mit 10,7 Prozent Umsatzsteuer und müssen keine Umsatzsteuer an den deutschen Fiskus abführen.