Aktuelle Nachrichten

Verpachtete Landwirtschaftsbetriebe – Achtung: Steuerfreie Realteilung zukünftig oftmals nicht mehr möglich!

Stand:
Thematik: Steuern und Rechnungswesen

Landwirtschaftliche Betriebe, deren Selbstbewirtschaftung im Zuge des Strukturwandels eingestellt wurde, werden oftmals im Ganzen verpachtet. Dem Verpächter steht dann ein steuerliches Verpächterwahlrecht zu. Das bedeutet, dass der verpachtete Betrieb im steuerlichen Betriebsvermögen fortgeführt wird und der Verpächter weiterhin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt – solange er dem Finanzamt gegenüber nicht ausdrücklich eine steuerliche Betriebsaufgabe erklärt.

Nach Erbfällen stellt sich für die Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft häufig die Frage, inwieweit einzelne oder alle Erben einen Teil der Flächen zu Alleineigentum erhalten und diese dann ebenfalls als Betriebsvermögen weiterverpachten können. Grundsätzlich wird bei einer Verteilung des gesamten Betriebsvermögens eine steuerliche Betriebsaufgabe ausgelöst mit der Konsequenz, die stillen Reserven aller Wirtschaftsgüter aufzudecken und als Aufgabegewinn zu versteuern. Die Finanzverwaltung ließ jedoch bisher auch eine steuerneutrale Aufteilung eines Verpachtungsbetriebes zu. Im sogenannten Realteilungserlass ist geregelt, dass die einzelnen Mitunternehmer unter bestimmten Voraussetzungen, die in der Praxis in der Regel erfüllt sind, die Grundstücke zu Buchwerten in eigene landwirtschaftliche Verpachtungsbetriebe übertragen können. Dieser Auslegung hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil aus Mai 2018 widersprochen. Das Gericht hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem ein verpachteter Landwirtschaftsbetrieb schon über mehrere Generationen vererbt worden war. Nach der Veräußerung von landwirtschaftlichen Grundstücken entstand zwischen dem Finanzamt und den Steuerpflichtigen ein Streit, ob es sich bei den Flächen noch um landwirtschaftliches Betriebsvermögen handelte oder ob die Grundstücke schon in verjährten Zeiträumen zwangsweise in das steuerliche Privatvermögen überführt worden waren.

Die Regelungen zur steuerlichen Betriebsaufgabe landwirtschaftlicher Betriebe unterlagen im Laufe der Jahrzehnte immer wieder einem Wandel. Zuletzt hatte der Gesetzgeber mit Wirkung ab November 2011 geregelt, dass eine Betriebsaufgabe bei ruhenden – das heißt im Ganzen verpachteten – Betrieben erst dann vorliegt, wenn sie ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt wird oder das Finanzamt davon Kenntnis erlangt hat, dass aufgrund einer dauerhaften Umwidmung des Betriebes oder einer Betriebszerschlagung eine Zwangsbetriebsaufgabe eingetreten ist. Damit sollte verhindert werden, dass die Finanzämter erst von einer Betriebsaufgabe erfahren, wenn die entsprechenden Veranlagungszeiträume bereits verjährt sind und die Versteuerung der stillen Reserven deswegen nicht mehr möglich ist.

Für tatsächliche Betriebsaufgaben vor 2011 ist demzufolge in jedem Einzelfall zu prüfen, ob diese nach damaligen Vorschriften vorgelegen haben könnte. Dies hat der BFH in mehreren Streitfällen getan. Dabei stellten die Richter fest, dass zum Beispiel eine Erbengemeinschaft ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht bereits im Jahr 1981 mit der Übertragung einzelner Flurstücke auf eine Beteiligte zu Alleineigentum aufgegeben hatte. Es handelte sich nach Ansicht der Richter vielmehr um eine bloße Verkleinerung des Eigentumsbetriebs, und dies führte noch nicht zu einer Betriebsaufgabe. Es lag lediglich eine Entnahme der beschriebenen Flächen in das Privatvermögen vor, sodass nur die in den entnommenen Flächen ruhenden stillen Reserven realisiert wurden. Da das restliche nach der Entnahme verbliebene Grundstück der Erbengemeinschaft weiterhin durch die Erbengemeinschaft verpachtet worden war, blieb ein landwirtschaftlicher Verpachtungsbetrieb bestehen. Dieser wäre nur dann aufgegeben worden, wenn die Erbengemeinschaft eine eindeutige Aufgabeerklärung abgegeben hätte. Dies war im Urteilsfall nicht geschehen. Die Betriebsvermögenseigenschaft des Flurstücks setzte sich im Wege der Surrogation auch nach einer Zerlegung in zwei neue Flurstücke fort. Die Vermessung der Teilflächen führte nicht zur Aufgabe des landwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs. Die Erbengemeinschaft hatte ihren Betrieb letztendlich 1983 mit der Übertragung der beiden Flurstücke an Tochter und Enkel aufgegeben. Mit der Übertragung der letzten zum Betriebsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücke wurde der landwirtschaftliche Betrieb als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens aufgelöst. Besteht der Betrieb nicht wie im Streitfall aus zwei Teilbetrieben, ist es ausgeschlossen, dass die Erbengemeinschaft zwei Teilbetriebe zum Buchwert auf die Mitunternehmer überträgt. Gegenstand der Übertragung zu Buchwerten ist die betriebliche Sachgesamtheit in dem Umfang, den sie im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Übertragung hat. Mit der Aufgabe des Betriebs der Erbengemeinschaft haben die landwirtschaftlichen Grundstücke ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen verloren. Hier erlaubte die Finanzverwaltung nach dem Realteilungserlass die Fortführung der Buchwerte im Rahmen des Verpächterwahlrechts. Hierbei mussten die stillen Reserven nicht aufgedeckt werden, wenn keine Betriebsaufgabe durch die Einzelpersonen erklärt worden war. Der BFH entschied jedoch, dass die langjährige Verwaltungspraxis nicht rechtens war. Den Erben stand kein eigenes Verpächterwahlrecht zu. Der BFH erteilt damit der Übertragung eines geteilten Verpächterwahlrechts auf die einzelnen Miterben eine Absage, wenn diese die Flächen weiter an Landwirte verpachten. Damit sind in diesen Fällen zwangsweise die stillen Reserven aufzudecken, wenn die Miterben die Grundstücke nicht in eigene aktive Landwirtschaftsbetriebe überführen. Im Urteilssachverhalt konnte der Miterbe demzufolge seine Flächen in 2001 steuerfrei aus dem Privatvermögen veräußern.

Unser Rat:

Die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft über einen landwirtschaftlichen Verpachtungsbetrieb, bei der die einzelnen Miterben landwirtschaftliche Einzelflurstücke zugewiesen bekommen, stellt eine Betriebsaufgabe des ursprünglichen Landwirtschaftsbetriebes dar. Die stillen Reserven sind zu versteuern. Laut BFH soll das Verpächterwahlrecht nur dann greifen, wenn der einzelne Mitunternehmer seine Grundstücke in ein aktives, das heißt selbst bewirtschaftetes land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen überführt. Diese Auslegung soll auch gelten, wenn sich eine aktiv tätige landwirtschaftliche Mitunternehmerschaft real teilt und die Grundstücke nicht aus dem Sonderbetriebs-, sondern dem Gesamthandsvermögen auf die Beteiligten verteilt und dann verpachtet werden.

 

Die Finanzverwaltung hat sich zu den BFH-Urteilen noch nicht positioniert. Derzeit werden offene Veranlagungen über die Aufteilung von landwirtschaftlichen Verpachtungsbetrieben in den Finanzämtern nicht bearbeitet. Die Finanzämter erteilen für geplante Realteilungen solcher Betriebe auch keine verbindlichen Auskünfte. Wer aktuell eine Teilung eines Verpachtungsbetriebes plant, muss bei den bestehenden Rechtsunsicherheiten unter Umständen damit rechnen, die stillen Reserven voll zu versteuern. Welche Auswirkungen sich für Altfälle ergeben, bei denen unter anderer Auslegung des BMF-Schreibens bei einer Realteilung weiter Betriebsvermögen angenommen worden ist, bleibt abzuwarten. Möglicherweise befinden sich die damals verteilten Flächen dann nicht mehr in einem Betriebsvermögen, sondern wären in der Vergangenheit bei der Aufteilung der Erbengemeinschaft bereits Privatvermögen geworden. Ob die stillen Reserven in diesen Fällen noch erfasst werden können, richtet sich nach den formalen Berichtigungsmöglichkeiten des Steuerbescheides.