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Wer profitiert? – Einkommens- und Steuerglättung für Land- und Forstwirte

Stand:
Thematik: Steuern und Rechnungswesen

Nach langem Hin und Her einigten sich Bundesregierung und Bundesrat im Dezember 2016 auf ein neues Hilfspaket für die Landwirtschaft. Angesichts der in vielen Betrieben äußerst angespannten wirtschaftlichen Situation infolge der anhaltenden schwierigen Lage auf den Erzeugermärkten haben die Europäische Union und der deutsche Gesetzgeber verschiedene Fördermaßnahmen erlassen. So werden Liquiditätsbeihilfen an aktive Milcherzeuger gewährt, die ihre Milchanlieferung gegenüber einem fest definierten Bezugszeitraum nicht erhöhen. Weiterhin wurden Entlastungen im Bereich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung und spezielle Bürgschaftsprogramme  für Milchviehbetriebe beschlossen. Eine spezielle steuerliche Fördermaßnahme ist die bis 2022 befristete Einkommens- und Steuerglättung für Land- und Forstwirte.

Ziel der Einkommens- und Steuerglättung ist eine Nivellierung von zeitlichen Einkommensschwankungen, um den Effekt des progressiven Verlaufs des Einkommensteuertarifs abzumildern. Dazu wurden drei feste Betrachtungszeiträume festgelegt, über die die landwirtschaftlichen Einkünfte geglättet werden. Der erste Betrachtungszeitraum umfasst die Jahre 2014 bis 2016, der zweite die Jahre 2017 bis 2019 und der dritte Betrachtungszeitraum die Jahre 2020 bis 2022.

Für alle drei Jahre eines Betrachtungszeitraumes werden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft „fiktiv“ in Höhe des Durchschnittswertes über alle drei Jahre angesetzt. Beispiel: die tatsächlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft betragen in 2014 150.000 €, in 2015 60.000 € und in 2016 ergeben sich negative Einkünfte von 30.000 €. Die „fiktiven“ Einkünfte für 2014, 2015 und 2016 belaufen sich jeweils auf den Durchschnittswert des Dreijahreszeitraums in Höhe von 60.000 €. Da der Effekt der steuerlichen Einkommensglättung auf die Abmilderung des progressiven Verlaufs des Einkommensteuertarifs zielt, profitieren insbesondere Steuerpflichtige mit stark schwankenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, deren Gesamteinkünfte innerhalb der Progressionszone des Steuertarifs liegen. Steuerpflichtige mit gleichbleibend sehr niedrigen Einkünften unterhalb des Grundfreibetrages oder Verlusten innerhalb des dreijährigen Betrachtungszeitraumes oder Steuerpflichtige mit gleichbleibend sehr hohen Einkünften, die mit dem linearen Spitzensteuersatz von 42 Prozent besteuert werden, haben keine Vorteile von der Einkommensglättung.

Die „fiktive“ Steuerermittlung wird einmalig für das letzte Jahr des dreijährigen Betrachtungszeitraumes vorgenommen, da vorher noch kein dreijähriger Durchschnittswert ermittelt werden kann. Erstmals im Einkommensteuerbescheid 2016 werden also auch die Auswirkungen der Einkommensglättung für die Jahre 2014 und 2015 berechnet. Für die beiden nachfolgenden Betrachtungszeiträume erfolgt die Berechnung entsprechend im Rahmen der Steuerbescheide für 2019 beziehungsweise 2022. Um insbesondere bei im Zeitablauf stark gesunkenen Einkünften nicht zu lange auf eine liquiditätsmäßige Steuerentlastung warten zu müssen, ist es ratsam, die laufenden Einkommensteuervorauszahlungen unter Berücksichtigung der neuen Einkommensglättung herabsetzen zu lassen - gegebenenfalls auch nachträglich. Denn: die Einkommensteuerveranlagung für 2016 wird frühestens nach Ablauf des jetzt noch laufenden Wirtschaftsjahres 2016/17 Ende 2017 / Anfang 2018 erstellt. Nur im Ausnahmefall eines mit dem Kalenderjahr identischen Wirtschaftsjahres könnte die Einkommensteuererklärung 2016 schon jetzt dem Finanzamt eingereicht werden.

Von der Einkommensteuerglättung profitieren nicht ausschließlich Milchviehbetriebe, sondern alle Einkommensteuerzahler mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Auch landwirtschaftliche Einkünfte aus einer Personengesellschaft oder aus einem verpachteten Betrieb werden begünstigt. In die Einkommensglättung werden aber ausschließlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne des Einkommensteuerrechts einbezogen, das heißt umgekehrt keine Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb, einer freiberuflichen Tätigkeit oder aus anderen Einkunftsarten. Ausgeschlossen von der Vergünstigung sind damit auch landwirtschaftliche Betriebe körperschaftsteuerpflichtiger Unternehmen, wie zum Beispiel GmbHs, AGs oder Genossenschaften. Bei diesen würde sich zwar aufgrund des linearen Körperschaftsteuertarifs ohnehin kein Effekt aus einer Tarifglättung ergeben, wohl aber bei bestimmten Konstellationen mit einzelnen Verlustjahren durch eine wirksamere Einkommensglättung im Zeitablauf.

Da die neue Einkommensglättung nicht wahlweise erfolgt, sondern vom Finanzamt aufgrund der gesetzlichen Regelung automatisch durchgeführt wird, könnte sie in ganz speziellen Einzelfällen auch zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen, wenn die „fiktiv ermittelte Einkommensteuer“ im Betrachtungszeitraum höher als die tatsächliche Einkommensteuer ist. Der Gesetzgeber hat bewusst auf ein Wahlrecht oder Antragsverfahren verzichtet, um ein Anlastungsverfahren der EU-Kommission wegen EU-widriger Subventionierung zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Gesetzesregelung erst wirksam wird, wenn die EU-Kommission festgestellt hat, dass diese EU-rechtskonform ist. Diese Feststellung lag bei Redaktionsschluss von Land & Wirtschaft noch nicht vor.