Landjugend sendet klare Botschaft
Politik, Theater und jede Menge Spaß: Mehr als 1.000 junge Menschen tauschen beim Deutschen Landjugendtag in Jübek Ideen für ein Miteinander im ländlichen Raum aus
Eine gute Lederhose kann auch bei norddeutschem Schmuddelwetter richtig praktisch sein. Diese Erfahrung machen die jungen Männer von der Landjugend Gornhofen, als sie auf der Turnierwiese in Jübek in einem Riesenkicker versuchen, den Ball ins Tor des gegnerischen Teams zu schießen. Ein paar Minuten zuvor war noch ein heftiger Regenguss niedergegangen. Ein Match auch im Matsch? Dank pflegeleichter Buxen ist das für die Jungs, die nicht weit vom Bodensee zuhause sind, kein Problem! Zur Freude aller sorgt stürmischer Wind aber dafür, dass der Untergrund dann doch schnell abtrocknet.
Dabei hätte es die Lederhosen gar nicht gebraucht, um zu erkennen, dass die kleine Gemeinde bei Schleswig für ein Wochenende der Mittelpunkt für junge Menschen aus allen Teilen Deutschlands ist. Allein die verschiedenen Dialekte, die zu hören sind, sorgen für besonderes Flair. Fränkisch trifft auf Hochdeutsch, Münsterländisch auf Märkisch, Schwäbisch auf Platt. Insgesamt sind mehr als 1.000 Landjugendliche zum Deutschen Landjugendtag 2024 angereist, um sich auszutauschen, neue Kontakte zu knüpfen und gemeinsame Erfahrungen zu sammeln – und klar, auch ein bisschen miteinander zu feiern. „Landjugend bedeutet Gemeinschaft“, sagen Daniel (22), Tim (26) und Florian (21) von der Landjugend Schwäbisch-Hall. „Der Zusammenhalt ist toll, und auch, dass es so viele Aktivitäten in der Landjugend gibt.“ Das sieht auch Leoni (20) so, die sich in der Landjugend Unterrottmannsdorf in Franken engagiert. „Alle sind offen, man kommt sehr schnell ins Gespräch. Und jeder ist bereit, mit anzupacken.“
Nach 31 Jahren wieder Gastgeber
Den Deutschen Landjugendtag gibt es seit 1950. Er wird seither mit wenigen Aus nahmen alle zwei Jahre von einem anderen Landesverband ausgerichtet. Schleswig- Holstein war das letzte Mal vor 31 Jahren Gastgeber. Eigentlich wollte sich die Landjugend schon 2020 wieder im nördlichsten Bundesland treffen. Doch Corona machte dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung. Auch zwei Jahre später ließ die Pandemie noch keine Neuauflage zu. Aber alle guten Dinge sind bekanntlich drei.
Um ein abwechslungsreiches Programm für 2024 auf die Beine zu stellen, hat das 35-köpfige Organisationsteam monatelang Ideen zusammengetragen, geplant, gewerkelt und sehr viele Gespräche geführt. „Ohne das Engagement vieler wäre das nicht zu schaffen“, sagen Lena Hagge und Tajo Lass, die Vorsitzenden des Landjugendverbandes Schleswig Holstein. Die Landfrauen etwa würden toll mithelfen, ebenso wie die Gemeinde Jübek und die Freiwilligen aus den örtlichen Landjugendgruppen. Sehr dankbar sind die beiden zudem den Sponsoren, die Sachzuwendungen oder – wie der Landwirtschaftliche Buchführungsverband – Geld gespendet haben. „Da durch konnten wir den Ticketpreis auf 110 Euro begrenzen. Für zwei Übernachtungen, warme Mahlzeiten, Lunchpakete und viele kostenlose Programmpunkte ist das ein fairer Preis.“
Im Sonderzug gen Norden
Rund 500 der Teilnehmenden sind mit einem Sonderzug angereist, der am Donnerstagabend in Ravensburg startete und nach 13 Stunden Fahrt mit Zwischenstopps in Biberach, Ulm, Stuttgart und Weinheim am Freitag früh im Norden ankam. Ramona und Simon (beide 20) haben die Fahrt miterlebt. „Toll war es“, sagen sie, „wir haben die anderen schnell kennengelernt, und es gab im Zug sogar einen Wagen mit DJ und Musik.“ Super sei die Stimmung auch am Freitagabend gewesen, als alle Landjugendlichen in Jübek den Erfolg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im EM-Eröffnungsspiel erst gemeinsam verfolgt und dann im Festzelt gefeiert haben.
Auf der Wiese bauen Teilnehmende aus Niedersachsen inzwischen Holzklötze für eine Partie Wikingerschach auf. Und hinter den großen Schlafzelten zieht am Rande des Platzes der Boßel-Trupp vorbei. Ja, auch Boßeln ist im Programm, schließlich sind wir in Norddeutschland. Hof- und Werksbesichtigungen, ein Trip zum Wikingermuseum, Yoga, ein Plattdeutschkurs und eine Wattwanderung zählen zu den weiteren Angeboten. Kanu- und Kutterfahrt mussten hingegen wegen des schlechten Wetters abgesagt werden.
v.l.: Volker Nielsen, MdL (CDU), Sebastian Nehls, Geschäftsf. Landwirtschaftlicher Buchführungsverband und SHBB, Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU), Claudia Jürgensen, Präsidentin des LandFrauenVerbandes S-H, Hilmar Kellinghusen, Vorstandsvors. des Landwirtschaftlichen Buchführungsverbandes, Lena Hagge u. Tajo Lass, Vors. der Landjugend S-H und Petra Nicolaisen, MdB (CDU)
Landjugendliche wollen mitgestalten
Lebens- und Bleibeperspektiven für junge Menschen in ländlichen Räumen zu schaffen, darum geht es den Landjugendverbänden. „Wir wollen sichtbar machen, wofür wir stehen: Für Demokratie und Zusammenhalt sowie für eine gute Zukunft junger Menschen auf dem Land“, sagt Tajo Lass. Das Motto der Veranstaltung, „Segel setzen, Flagge zeigen“, sei eine Botschaft gegen Ausgrenzung, Hetze und Hass. Bei der Eröffnungsfeier am Vormittag hatten auch die beiden Bundesvorsitzenden Lars Ruschmeyer und Theresa Schmidt eindringlich vor Rechtsextremismus gewarnt. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das ist nicht verhandelbar.“
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther überbrachte seine Grüße aus Termingründen per Video. Vor Ort diskutieren konnten Lars Ruschmeyer und Theresa Schmidt hingegen mit Claudia Müller, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, Petra Bentkämper, Präsidentin des Deutschen Landfrauenverbandes, sowie Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied. Umjubelter Abschluss der Eröffnungsveranstaltung war ein Theaterstück: Mit Herz und Humor brachte eine Schauspieltruppe darin viel von dem auf die Bühne, was Landjugendliche bewegt: Klimakatastrophe, Generationenkonflikt, Hofnachfolge und – natürlich – die große Liebe.
Passend zur guten Stimmung kommt nun auch die Sonne zum Vorschein. Die Jungs aus Schwäbisch Hall machen sich auf zum Hofbesuch. Für Florian, der mit seinen Eltern einen Milchviehbetrieb auf Demeter-Basis betreibt, ist das ein echtes Highlight, schließlich folgt er dem Landwirt, zu dem es nun geht, schon lange über soziale Medien. Leoni hält den Moment noch kurz mit dem Handy fest. An diesen Landjugendtag, da sind sich die vier schon jetzt sicher, werden sie noch gern und lange zurückdenken.
Bild im Seitenkopf: Lars Ruschmeyer und Theresa Schmidt, Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend e.V., bei der Eröffnung des Deutschen Landjugendtages 2024
alle Fotos: BDL/Gräschke mit Ausnahme von Instagram-Gewinnspiel: es