Grundsteuer Spezial
Unternehmens- und Steuerberatung für Landwirte
Unternehmens- und Steuerberatung für Landwirte
Am 31. Januar 2023 endete für die meisten Eigentümer der fast 36 Millionen Grundstücke in Deutschland die siebenmonatige Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung. Als einziges Bundesland hatte Bayern kurzfristig die Frist noch einmal um drei Monate verlängert und damit auf die hohe Arbeitsbelastung bei den Grundstückseigentümern und deren Beratern wie auch bei den Finanzämtern reagiert. Bundesweit lag die Abgabequote am 31. Januar bei rund 75%. Besonders viele offene Fälle dürfte es in der Gruppe der Landund Forstwirte sowie Verpächter geben, denn insbesondere die richtige Abgrenzung, Aufteilung und Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ist aufwendig – und darüber hinaus auch potenziell strittig: Ausführlich hatten wir Sie in Teil 3 underer Serie über die oftmals komplizierte grundsteuerliche Bewertung der landwirtschaftlichen Hofstelle informiert, wenn neben Wohngebäuden verschiedene Nutzungsarten vorliegen und manche Flächen nicht direkt zugeordnet werden können.
Im Sinne unserer Mitglieder und Mandaten möchten wir selbstverständlich verhindern, dass Aufträge zur Erstellung von Grundsteuer-Feststellungserklärungen, die nicht fristgerecht erledigt werden konnten, in eine mit Verspätungszuschlägen belegte Fristüberschreitung geraten. Das Finanzministerium Schleswig-Holstein hatte nach Ablauf der Abgabefrist in einer Mitteilung darauf hingewiesen, dass für verspätet abgegebene Erklärungen 25 Euro Verspätungszuschlag pro Monat erhoben werden können. Ferner könnte die Finanzverwaltung unter Umständen sogar ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro festsetzen, um eine Abgabe der Grundsteuererklärung zu erzwingen, und darüber hinaus die Besteuerungsgrundlagen säumiger Grundstückseigentümer schätzen. Diese Maßnahmen würden laut Ministerium aber nicht greifen, wenn ein Antrag auf individuelle Fristverlängerung genehmigt wurde. Was das Ministerium in seiner Pressemitteilung nicht erwähnt: Die Anträge auf individuelle Fristverlängerungen für bisher nicht zu klärende Einzelfälle führen erneut zu einem erheblichen Mehraufwand sowohl in den Steuerkanzleien als auch in den Finanzämtern selbst, die auch diese zusätzlichen Einzelanträge bearbeiten müssen. In der Praxis haben einige Finanzämter im Beratungsgebiet des LBV Unternehmensverbundes die Steuerberater daher inzwischen gebeten, von Einzelanträgen zur Fristverlängerung bis auf Weiteres abzusehen, solange die eingegangenen Feststellungserklärungen ohnehin noch nicht sämtlich bearbeitet werden können. Dabei vertrauen die Finanzämter darauf, dass die Kanzleien auch weiterhin laufend die noch fehlenden Erklärungen einreichen.
Ungeachtet der bisher noch gar nicht abgegebenen Steuererklärungen sind die Finanzämter dabei, die eingegangenen Grundsteuererklärungen zu bearbeiten und mithilfe der erklärten Daten die Grundsteuerwerte zu ermitteln. Ist dies geschehen, versenden sie entsprechende Bescheide an die Grundstückseigentümer beziehungsweise deren steuerliche Berater. Eine breite Allianz aus dem Bund der Steuerzahler, der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, dem Deutschen Steuerberaterverband sowie Haus&Grund Deutschland dringt darauf, dass die Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes von den Behörden generell vorläufig erlassen werden. In einer gemeinsamen Erklärung vom 30. Januar forderten die Verbände die Bundesländer auf, ihre Finanzverwaltungen entsprechend anzuweisen. Ziel sei es, eine sich abzeichnende Einspruchswelle zu verhindern und Eigentümern schnell Sicherheit zu verschaffen. Außerdem werde dadurch unnötige Mehrarbeit sowohl für die Finanzämter als auch für die Steuerberater vermieden.
Schon heute seien etliche Klagen und Einsprüche anhängig, die sich aufgrund verfassungsmäßiger Bedenken gegen die Berechnungsmethoden der neuen Grundsteuer richteten, hieß es. Gegen das sogenannte Bundesmodell, das in elf Bundesländern angewendet wird, darunter Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, wollen der Bund der Steuerzahler Deutschland und Haus&Grund Deutschland gemeinsam klagen. Urteile seien erst in einigen Jahren zu erwarten. Sollte die gerichtliche Klärung eine Verfassungswidrigkeit jetzt geltender Bewertungsregeln ergeben, könnte diese für alle Bescheide gelten und nicht nur für die jener Eigentümer, die ihre Bescheide mittels Einspruchs oder Klage angefochten und damit offen gehalten haben, argumentieren die Verbände in ihrer Erklärung. Bis Redaktionsschluss lag zu der Forderung noch keine Reaktion der Finanzbehörden vor.
Ernsthafte Zweifel an der Verfassungsrechtlichkeit ergeben sich unter anderem aufgrund der pauschalen Bewertung: Das gesetzlich festgelegte Bewertungsverfahren sieht ausschließlich den Bodenrichtwert als Wertmaßstab vor und bietet damit keine Möglichkeit, im Einzelfall einen gutachterlich nachgewiesenen niedrigeren Wert anzusetzen. Das ist bei anderen Steuerarten anders. Bei der Erbschaftssteuer etwa kann der Steuerpflichtige Sachverständige mit der Erstellung eines Einzelwertgutachtens beauftragen und damit eine marktrealistische Grundstücksbewertung erreichen. Dass diese Möglichkeit für die grundsteuerliche Bewertung fehlt, steht im Widerspruch zum obersten Ziel der gesamten Grundsteuerreform, eine sachgerechte Neubewertung aller Grundstücke durchzuführen.
Da die Finanzverwaltungen im Arbeitsbereich des LBV Unternehmensverbundes die Grundsteuerbescheide bisher nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen, ist eine spätere Änderung nicht in vollem Umfang, sondern nur in dem begrenzten Rahmen der Korrekturvorschriften der Abgabenordnung und des Bewertungsgesetzes möglich. Anders ausgedrückt: Um die Bestandskraft eines vom Finanzamt zugestellten Grundsteuerwertbescheides zu verhindern, bleibt im Regelfall nur die Einlegung eines Einspruchs innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist. Dies gilt für all jene Fälle, in denen triftige Gründe dafür vorliegen, die Bewertung anzuzweifeln. Beispiel: Sie besitzen ein Grundstück, das nicht bebaut werden darf, aber an ein Neubaugebiet grenzt und auf das derselbe hohe Bodenrichtwert wie beim Neubaugebiet angewendet werden muss.
Zu bedenken ist jedoch: Jeder Einspruch muss begründet werden, und spätestens, wenn das Finanzamt an seiner Auffassung festhält und damit nur noch der Klageweg vor dem Finanzgericht verbleibt, um den Grundsteuerbescheid offen zu halten, sollten man an die zu tragenden Kosten denken. Hat man keinen Einspruch eingelegt und erweist sich später das neue Grundsteuerrecht in den Musterklagen als korrekturbedürftig, könnte auch die Fortschreibung ein Mittel sein, um den Steuerbescheid zu korrigieren. Mit der Fortschreibung beziehungsweise Nachfeststellung kann das Finanzamt grundsätzlich immer reagieren, wenn sich in der Zeit zwischen zwei Hauptfeststellungen Änderungen ergeben, die sich auf den Grundsteuerwert oder den Steuermessbetrag auswirken. Laut Bewertungsgesetz erfolgt eine Wertfortschreibung dann, wenn der aktuelle Grundstückswert von dem Wert zum Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung um mehr als 15.000 € abweicht. Wird eine Wertfortschreibung vor 2025 durchgeführt, wirken sich die aktuellen Steuerbescheide praktisch nicht aus.
Neben der Neubewertung aller Grundstücke in Deutschland zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 hat der Gesetzgeber in das Bewertungsgesetz auch eine Pflicht der Grundstückseigentümer neu aufgenommen, jede Änderung der Verhältnisse, die sich auf den Wert, die Vermögens- oder Grundstücksart oder die Eigentumsverhältnisse auswirkt, der Finanzverwaltung mitzuteilen. Dies muss von sich aus und ohne Aufforderung seitens des Finanzamtes geschehen. Entsprechendes gilt auch bei einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an einem auf fremdem Grund und Boden errichteten Gebäude. Die Frist zur Abgabe der vereinfachten Erklärung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sich die Verhältnisse geändert haben. Grundstückseigentümer haben in den meisten Bundesländern dann lediglich einen Monat lang bis zum 31. Januar des folgenden Jahres Zeit, die Anzeige beim Finanzamt einzureichen. Nur Hamburg, Niedersachsen und Baden-Württemberg gewähren hierfür eine dreimonatige Frist bis zum 31. März.
Grundsteuerlich relevant können verschiedene Änderungen sein – von Umbauten über Erweiterungen der Wohnfläche bis hin zu Umwidmungen von vermieteten Flächen. Beispiele: Ein Landwirt vermietet seit Mai 2022 eine vormals landwirtschaftlich genutzte Halle an einen Gewerbebetrieb. Oder er hat im vergangenen Jahr in seinem Wohnhaus das Dachgeschoss zu Wohnzwecken ausgebaut. In beiden Fällen ist er verpflichtet, die Änderung dem Finanzamt bis Ende Januar 2023 beziehungsweise in Hamburg, Niedersachsen und Baden-Württemberg bis Ende März 2023 mitzuteilen. Änderungsanzeigen sind, wie schon die Erklärungen zur Feststellung der Grundstückswerte, grundsätzlich elektronisch abzugeben. Bei verspäteter Abgabe oder Nichterfüllung der Anzeigepflicht können die Finanzämter Verspätungszuschläge festsetzen.
Unabhängig von der Anzeigepflicht kann die Fortschreibung eines Grundsteuerwertes auch von Amts wegen erfolgen. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn der Grundstückseigentümer seiner Erklärungs- oder Anzeigepflicht nicht nachgekommen ist und dem Finanzamt alle steuererheblichen Tatsachen bereits bekannt sind.
Wenn Sie vom Finanzamt den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag für die Hauptfestsetzung zum 1. Januar 2022 erhalten haben, wissen Sie damit noch nicht, wie viel Grundsteuer für das jeweilige Grundstück ab 2025 zu zahlen sein wird. Grund hierfür ist, dass die Gemeinden erst im Laufe des Jahres 2024 die Hebesätze für die Berechnung der Grundsteuer ab 2025 festsetzen. Aus den Angaben zum Grundstück setzt das Finanzamt den neuen Grundsteuerwert fest, der mit einer Grundsteuermesszahl multipliziert wird. Diese Messzahl richtet sich nach der jeweiligen Grundstücksart und beträgt für die Festsetzung der Grundsteuer ab 2025 im Bundesmodell 0,55 % für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, 0,34 % für unbebaute Grundstücke, 0,31 % für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum sowie 0,34 % für Teileigentum, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstige bebaute Grundstücke. Ergebnis der Multiplikation ist der individuelle Steuermessbetrag des Grundstücks, den die Finanzverwaltung der hebeberechtigten Stadt oder Gemeinde übermittelt.
Für die Städte und Gemeinden ist die Grundsteuer neben der Gewerbesteuer und ihrem Anteil an der Einkommensteuer eine wesentliche Einnahmequelle. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes betrugen die Einnahmen aus der Grundsteuer B im Jahr 2021 insgesamt 14,6 Milliarden Euro. Weitere 400 Millionen Euro nahmen die Gemeinden aus der Grundsteuer A ein, die auf das Vermögen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe erhoben wird. Jede Stadt oder Gemeinde legt durch Beschluss der Stadt- oder Gemeindeverwaltung ihre individuellen Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer fest (siehe hierzu auch Teil 4 der Grundsteuerserie).
Nach einer im Dezember 2022 veröffentlichten Analyse der IHK Schleswig-Holstein erhöhte sich im nördlichsten Bundesland bei der Grundsteuer B der Hebesatz im vergangenen Jahr um durchschnittlich vier Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Für die Erhebung befragte die IHK insgesamt 215 Gemeinden mit 2.000 oder mehr Einwohnern. Während 28 den Hebesatz für die Grundsteuer B anhoben, gab es lediglich drei Gemeinden, die ihren Grundsteuerhebesatz 2022 absenkten. Laut IHK hatten bereits im Vorjahr 15% der Gemeinden ihre Hebesätze angehoben, und es kann vermutet werden, dass in anderen Bundesländern die Hebesätze derzeit ebenfalls tendenziell steigen. Zur Erinnerung: Im Zuge der Grundsteuerreform ist vorgesehen, dass die Gemeinden ihre Hebesätze für 2025 so anpassen, dass das Gesamtaufkommen der Grundsteuer nach der Ermittlung der neuen Steuermessbeträge gleich bleibt. Kritiker vermuten, dass einige Kommunen dieses Versprechen der Politik möglicherweise dadurch zu „umgehen“ versuchen, dass sie schon jetzt ihre Hebesätze erhöhen, um im Vergleichsjahr 2024 ein höheres Ausgangs-Grundsteueraufkommen vorzuweisen. Allerdings könnten im Einzelfall auch steigende Kosten bei der Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen und andere haushaltstechnische Gründe eine Ursache für steigende Grundsteuer-Hebesätze sein.
Ausschlaggebend für die Neufestsetzung der Grundsteuer ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2018. Die Verfassungsrichter hatten entschieden, dass die bisher verwendeten Einheitswerte nicht mehr als Wertbasis der Grundsteuer zulässig sind. Zuvor hatte es die Finanzverwaltung jahrzehntelang versäumt, diese Werte, wie gesetzlich gefordert, alle sechs Jahre an sich ändernde Wertverhältnisse anzupassen. Damit dies in Zukunft nicht erneut passiert und der Anforderung des Bundesverfassungsgerichtes nach einer realitätsgerechten Bewertung der Grundstücke dauerhaft Rechnung getragen wird, sieht das Bundesmodell eine Neubewertung nach sieben Jahren vor. Der nächste Hauptfeststellungszeitpunkt für viele Grundstücksbesitzer in Deutschland ist damit der 1. Januar 2029. In Bundesländern mit eigenen Erhebungsmodellen sieht die Sache oft anders aus. Beachtenswert ist, dass Niedersachsen, Hamburg und Bayern bislang keine turnusgemäße Neubewertung vorgesehen haben.