Grundsteuer Spezial
Unternehmens- und Steuerberatung für Landwirte
Unternehmens- und Steuerberatung für Landwirte
Die Grundsteuer gehört zu den ältesten Steuerarten. Sie war schon in der Antike bekannt und von den Römern über die Alpen gebracht worden. Mit zunehmender Entwicklung der Agrarwirtschaft erlangte sie durch die einfache Anknüpfung an den greifbarsten Teil des Vermögensbesitzes, an das Grundeigentum, eine beherrschende Stellung in den staatlichen und regionalen Steuersystemen. Im 18. Jahrhundert begann die Erstellung der Grund- und Bodenkataster sowie die Bonitierung der Flächen nach Kulturart und Bodenqualität in der heute bekannten Form.
In preußischer Zeit wurde es grundsätzlich noch den Gemeinden überlassen, eine Grundsteuer zu erheben oder nicht und auch deren Höhe festzusetzen. Angesichts der großen Finanznot nach dem ersten Weltkrieg verpflichtete das Deutsche Reich sämtliche Länder zur Ausschöpfung der Grundsteuer. Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden zunächst länderweise verschiedene Grundsteuervorschriften, die 1951 durch ein bundeseinheitliches Grundsteuergesetz abgelöst wurden.
Die Grundsteuer ist eine Sach- oder Objektsteuer. Im Fokus der Besteuerung steht nicht eine Person, sondern der Grundbesitz als Objekt. Sie ist eine Substanzsteuer, das heißt besteuert wird nicht die Ertragskraft, sondern der Substanzwert des Besitzes. Als direkte Steuer wird sie grundsätzlich vom Eigentümer erhoben. Die Steuereinnahmen fließen unmittelbar den Städten und Gemeinden zu. Diese haben das Recht, ihre Hebesätze, vergleichbar mit den Steuersätzen, selbst festzulegen. Die Grundsteuer unterliegt der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz. Das heißt, die Länder haben eine Gesetzgebungsbefugnis, soweit der Bund kein entsprechendes Bundesgesetz erlassen hat.
Der Bund hat von seinem Gesetzgebungsrecht bisher immer Gebrauch gemacht und mit dem Grundsteuergesetz sowie dem Bewertungsgesetz bundeseinheitliche Regelungen geschaffen. Mit der Grundsteuerreform 2019 wurde den Bundesländern allerdings erstmals ein Wahlrecht eingeräumt, von der bundeseinheitlichen Regelung abzuweichen. Einige Länder haben diese Länderöffnungsklausel genutzt und eigene Grundsteuergesetze erlassen, andere haben darauf verzichtet und wenden damit automatisch das Bundesgesetz an.
Eine Gemeinde kann für ihr Gebiet bisher zwei und ab 2025 drei verschiedene Hebesätze festlegen:
Grundlage für die Erhebung der Grundsteuer ist die wirtschaftliche Einheit. Vielfach ist diese mit einem einzelnen Grundstück identisch. Wesentliche Ausnahmen zum Grundstücksumfang ergeben sich vor allem im Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Hier werden alle gleichartig genutzten Grundstücke eines Eigentümers innerhalb einer Gemeinde zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst. Es können jedoch auch zu einem einzelnen Grundstück mehrere wirtschaftliche Einheiten gehören, beispielsweise bei Nutzung einer Hofstelle zu verschiedenen landwirtschaftlichen, wohn- und/oder anderen nichtlandwirtschaftlichen Zwecken. Auch mehrere Eigentumswohnungen verschiedener Eigentümer in einem Gebäude führen zu mehreren wirtschaftlichen Einheiten bei nur einem Grundstück.
Für jede einzelne wirtschaftliche Einheit hat das Finanzamt in der Vergangenheit einmal einen Einheitswert ermittelt. Entgegen den gesetzlichen Vorschriften wurden die Einheitswerte tatsächlich nicht von der Finanzverwaltung alle sechs Jahre überprüft und gegebenenfalls den allgemeinen Wertentwicklungen angepasst, sondern über mehr als fünf Jahrzehnte unverändert gelassen. Im Jahr 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Verwendung der mittlerweile veralteten Einheitswerte als Wertgrundlage für die Grundsteuer für verfassungswidrig und verpflichtete den Gesetzgeber, den Urteilspruch innerhalb strenger Fristen umzusetzen. Da sich Bund und Länder nicht auf eine Neufestsetzung der Einheitswerte einigen konnten, wurde im Jahr 2019 eine Grundsteuerreform beschlossen, auf deren Basis erstmals ab 2025 die Grundsteuer nach neuen Regelungen erhoben werden soll. Die derzeit bestehenden Regelungen dürfen nach dem Verfassungsgerichtsurteil nur noch längstens bis zum 31.12.2024 angewendet werden. Als Wertgrundlage der Grundsteuerfestsetzungen ab 2025 müssen die Finanzämter bis spätestens Ende 2024 die im Bundesmodell oder in den Länder-Grundsteuergesetzen bestimmten neuen Grundsteuerwerte feststellen, auf die dann die Städte und Gemeinden ab 2025 ihre individuellen Hebesätze anwenden können.
Eine Besonderheit gilt bis Ende 2024 für land- und forstwirtschaftliches Vermögen in den östlichen Bundesländern. Dort bilden bisher nicht die Einheitswerte, sondern die sogenannten Ersatzwirtschaftswerte die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer. Diese werden nicht für die Eigentümer der Flächen, sondern für deren Bewirtschafter, das heißt in vielen Fällen für die Pächter oder auf anderer Rechtsgrundlage wirtschaftende Landwirte festgestellt. Eine weitere Ausnahme betrifft bestimmte Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser, für die Gemeinden die Grundsteuer direkt ohne Mitwirkung der Finanzämter auf Basis einer sogenannten Ersatzbemessungsgrundlage erheben.
Die Grundsteuermesszahl wird vom Finanzamt festgesetzt und als Anteil vom Einheitswert angegeben. Sie richtet sich nach der Grundstücksart und beträgt bis 2024 für die westlichen Bundesländer sowie für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft in den östlichen Bundesländern:
Für die östlichen Bundesländer gelten mit Ausnahme der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (s. o.) bis 2024 folgende Steuermesszahlen auf Grundlage der Einheitswerte auf den 01.01.1935:
Die Einwohnerzahl einer Gemeinde bestimmt sich nach der Volkszählung 1933. Altbauten sind Gebäude, die vor dem 31. März 1924, Neubauten sind Gebäude, die danach bezugsfertig geworden sind.
Die Grundsteuermesszahl für die Festsetzung der Grundsteuer ab 2025 richtet sich nach der jeweiligen Grundstücksart und beträgt im Bundesmodell:
Die Steuermesszahl wird in bestimmten Fällen, wie zum Beispiel Immobilien des sozialen Wohnungsbaus, kommunaler oder gemeinnütziger Träger sowie Baudenkmäler ermäßigt. Der Grundsteuermessbetrag wird wie bisher vom Finanzamt festgesetzt und ergibt sich nach der einfachen Formel Grundsteuermesszahl x Wert. Anstelle des Einheitswertes bis Ende 2024 wird ab 2025 der neue Grundsteuerwert zugrunde gelegt.
Jede Stadt oder Gemeinde legt durch Beschluss der Stadt- oder Gemeindeverwaltung im Rahmen der Haushaltssatzung oder einer speziellen Hebesatzsatzung ihre individuellen Hebesätze fest. Die heutigen Hebesätze unterscheiden sich zwischen einzelnen Bundesländern zum Teil deutlich. Die gewogenen Durchschnittswerte aller Städte und Gemeinden eines Bundeslandes liegen zwischen rund 400 Prozent in einigen Flächenländern, rund 600 Prozent in Nordrhein-Westfalen und über 700 Prozent in einzelnen Stadtstaaten. Noch viel größer sind die bundesweiten Unterschiede zwischen einzelnen Städten und Gemeinden, von denen einige überhaupt keine Grundsteuer erheben bis zu solchen mit Hebesätzen von 1.000 Prozent.
Die Stadt oder Gemeinde, in der die wirtschaftliche Einheit liegt, setzt die Grundsteuer per Steuerbescheid fest. In den Stadtstaaten übernehmen diese Aufgaben die Finanzämter. Bleibt der Steuerbetrag in den Folgejahren gleich, muss kein neuer Grundsteuerbescheid erlassen werden, auch eine allgemein gültige Festsetzung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt oder ähnliches ist zulässig. Bei einer Steuerfestsetzung auf Basis der Ersatzbemessungsgrundlage in den östlichen Bundesländern muss der Eigentümer des Grundstücks eine Steueranmeldung einreichen.
Die Grundsteuer entsteht nach dem Stichtagsprinzip einmal jährlich zu Beginn des Kalenderjahres und ist in der Regel in vier Quartalsteilbeträgen zu bezahlen. Nach einem unterjährigen Grundstücksverkauf bleibt der Verkäufer das ganze Jahr über Steuerschuldner, also auch noch nach dem Verkauf. Allerdings haftet der Erwerber neben dem Verkäufer für die Steuer des Kaufjahres und des Vorjahres. Das Finanzamt ändert den Einheitswert beziehungsweise zukünftig den Grundsteuerwert erst mit Wirkung zum Beginn des folgenden Jahres. Einige Kommunen schreiben allerdings aus Verwaltungsvereinfachungs- und Servicegründen auch ohne gesetzliche Verpflichtung die Steuerpflicht bereits unterjährig auf den Käufer um.
Grundbesitz der öffentlichen Hand, der der Allgemeinheit oder hoheitlichen Aufgaben dient sowie bestimmter Körperschaften, wie Kirchen, Regionsgemeinschaften oder Vereine, soweit er für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird, ist von der Grundsteuer befreit. Für Nutzungsarten, die nicht steuerbegünstigt sind, wie zum Beispiel Vermietung von Wohnungen, müssen auch die oben genannten Rechtsträger Grundsteuer zahlen. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Steuererlass. Vollständig erlassen wird die Steuer insbesondere bei im öffentlichen Interesse erhaltenswerten Kulturgütern, deren Kosten regelmäßig höher sind als die erzielten Erträge. Bei bebauten Grundstücken erfolgt ein Teilerlass von 25 Prozent der Steuer, wenn der Grundstücksertrag um mehr als die Hälfte gemindert ist, und in Höhe von 50 Prozent bei einem vollständigen Ertragsausfall. Voraussetzung ist jeweils, dass die Mietausfälle ohne Verschulden des Vermieters entstanden sind, zum Beispiel bei Leerstand trotz Vermietungsbemühungen, allgemeinem Mietpreisverfall oder unvorhersehbaren Ereignissen wie Wasserschäden oder Brand. Voraussetzung für einen Steuererlass ist in allen Fällen, dass ein entsprechender Antrag bis spätestens zum 31. März für das Vorjahr bei der Stadt oder Gemeinde gestellt wird.
In einigen Regionen wird auf der Grundlage spezieller Kirchensteuergesetze der Länder als Annexsteuer zur Grundsteuer eine Kirchengrundsteuer erhoben, wenn der Grundstückseigentümer kirchensteuerpflichtig ist. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe Kirchengrundsteuer erhoben wird, liegt bei den jeweiligen Landeskirchen oder Diözesen. Üblich sind 10 Prozent des Grundsteuermessbetrages. In den östlichen Bundesländern sowie in Bremen wird flächendeckend keine Kirchengrundsteuer erhoben, in den übrigen westlichen Bundesländern ist sie im Verhältnis zum gesamten Kirchensteueraufkommen von untergeordneter Bedeutung.